Ist der Aargau bereit für den Lachs?

Einst schwammen im Rhein eine Million Lachse, er galt als der wichtigste Lachsfluss in Europa. Und auch in der Aare, der Reuss oder der Suhre fühlte sich der Lachs wohl. Über 100 Jahre ist das her. In der Zwischenzeit ist der Lachs komplett aus den Schweizer Gewässern verschwunden. Nun steht seine Rückkehr kurz bevor. Sind die Aargauer Gewässer bereit für sein Comeback? Seit Jahren arbeitet der WWF mit verschiedenen nationalen und internationalen Partnern daran, dem Lachs den Weg zurück in die Schweiz freizumachen. Dazu müssen insbesondere der Rhein und unsere Schweizer Gewässer wieder durchgängig gemacht werden, zum Beispiel über den Bau von Fischtreppen bei Wasserkraftwerken, damit der Lachs wieder zwischen Süss- und Salzwasser wandern kann. Dem Aargau als Schweizer Wasser­schloss kommt punkto Lachs-Comeback zweifelsohne eine Schlüsselrolle zu. Der Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat bei Brugg ist für die Schweizer Gewässer ein wichtiger Knotenpunkt.

Christian Hossli, Projects & Support
WWF Schweiz

Von der Nordsee bis in den Aargau

Wenn Hindernisse fallen, kann der Lachs wieder tief in die Schweiz wandern

Was Lachse in ihrem Leben auf sich nehmen, ist beeindruckend: Im Süsswasser geboren, wandern sie zuerst den ganzen Weg über den Rhein flussabwärts bis in die Nordsee. Dort passt sich ihr Körper an die neue Umgebung im Salzwasser an und sie jagen fortan den grössten Krillschwärmen nach, die sie vorfinden. Dabei wandern sie nicht selten bis vor die Küsten von Grönland. Nach ein bis zwei Jahren im Meer machen sie sich wieder auf den Rückweg – und zwar wenn möglich zurück bis in ihr Geburtsgewässer. Das bedeutet eine abermalige Reise über hunderte von Kilometern, gegen den Strom, gespickt mit Hindernissen, die ihnen ihre Wanderung erschweren. Trotz allen Widrigkeiten finden sie ihr Geburtsgewässer mit einer Präzision wieder, welche an ein kleines Wunder grenzt. Haben sie ihr Geburtsgewässer gefunden, pflanzen sie sich fort und lancieren eine neue Generation von Lachsen.

Lachs im Rhein ausgestorben

Jahrhundertelang hat dieser Kreislauf funktioniert. Bis der Mensch eingegriffen hat. Flüsse wurden in Kanäle gepresst und Kraftwerke gebaut, rück­-
sichtslos wurde alles Mögliche an Abwässern in unsere Gewässer geleitet und der Lachs und andere Fische intensiv befischt. Als Folge davon ist der Lachs in den 50er-Jahren im Rhein ausgestorben und auch heute sind die Gewässer noch die am stärksten bedrohten Lebensräume der Schweiz (zwei Drittel der Fischarten stehen auf der Roten Liste).

Den Weg wieder frei machen

Seit Jahren arbeitet der WWF deshalb mit verschiedenen nationalen und internationalen Partnern daran, dem Lachs den Weg zurück in die Schweiz freizumachen. Dazu müssen insbesondere der Rhein und unsere Schweizer Gewässer wieder durchgängig gemacht werden (zum Beispiel über den Bau von Fischtreppen bei Wasserkraftwerken), damit der Lachs wieder zwischen Süss- und Salzwasser wandern kann. Und es müssen genügend Lebensräume für die verschiedenen Stadien in seinem Zyklus vorhanden sein. Und was lange dauerte, wird endlich gut: Bis 2027 sollen die letzten Hindernisse im Rhein fischgängig gemacht werden, momentan sind es nur noch drei im Elsass. Dann ist der Weg zurück in die Schweiz frei für den Lachs. Doch ist die Schweiz bereit für den Lachs? Ist es der Kanton Aargau?

Wichtiger Knotenpunkt Aargau

Dem Aargau als Schweizer Wasserschloss kommt punkto Lachs-Comeback zweifelsohne eine Schlüsselrolle zu. Der Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat bei Brugg ist für die Schweizer Gewässer ein wichtiger Knotenpunkt. Möchte ein Lachs die weiteren Lachsregionen im Osten, zum Beispiel entlang der Thur oder im Südwesten der Schweiz erreichen, muss er zwingend durch den Aargau schwimmen (können). Und auch punkto Lebensräume weist der Aargau ein grosses Potenzial aus: an der Suhre wurden über 10 ha geeignetes Jungfischhabitat identifiziert und auch die Bünz oder die Surb schwingen diesbezüglich oben mit (mit je 10 bzw. 6 ha). Der Erfolg der Wiederansiedelung des Lachses in der Schweiz hängt vermutlich eng davon ab, in welchem Zustand die Aargauer Gewässer sind.

Auch der Kanton setzt sich ein

Die Verantwortung für die Gewässer liegt hierbei bei den Kantonen. Sie sind zuständig für die dringend nötige Aufwertung unserer Flüsse und Bäche (Revitalisierungen) sowie für die ökologische Sanierung der Wasserkraftwerke (Erstellung Fischgängigkeit, Sanierung Geschiebe etc.). Der Kanton hat begonnen, seine Gewässer für den Lachs vorzubereiten. So wurden in den letzten Jahren zum Beispiel am Etzgerbach alle Hindernisse fischgängig gemacht. Davon wird einst der Lachs profitieren, heute tun es aber auch schon alle anderen Fischarten. Der Kanton setzt sich für die Rückkehr des Lachses in die Aargauer Gewässer ein, ist sich aber bewusst, dass es dafür noch einiges zu tun gibt.

WWF als treibende Kraft

Wir als WWF arbeiten oft in Begleitgruppen mit und versuchen die bestmöglichen Lösungen für ein bestehendes Problem zu finden, entwickeln Aufwertungsideen, schieben ins Stocken geratene Prozesse wieder an oder leisten Überzeugungsarbeit in Richtung Behörden, aber auch in der Bevölkerung.

Wenn die Bevölkerung hinter dem Lachs Comeback steht und versteht, wieso gesunde Flüsse wichtig sind, macht das die Arbeit von den Kantonen leichter. Revitalisierungsprojekte sind breiter abgestützt, werden prioritärer behandelt und können schneller realisiert werden.

Christian Hossli,
Projektleiter Lachs Comeback WWF Schweiz

 

.hausformat | Webdesign, TYPO3, 3D Animation, Video, Game, Print