Der unsichtbare Einzelgänger

WWF-Magazin Regional 2/17

Auch wenn sich der Luchs im Aargau noch nicht fest etabliert hat, so führen seine Streifzüge doch immer wieder ins Rüebliland. Ein Interview über den Anschleich- und Überraschungsjäger mit dem WWF Grossraubtierexperten Gabor von Bethlenfalvy. 


Wo und wie lebt der Luchs in der Schweiz?

Der Luchs verbreitet sich vorrangig dort, wo es Wälder mit zahlreichen Huftierbeständen gibt. Im Schweizer Mittelland fehlt er nicht, weil ihm das Flachland nicht behagt, sondern weil dieser Teil des Landes zu stark entwaldet und zu dicht besiedelt ist.

Im Aargau tauchen Luchse nur selten und dann im Jura an den Grenzen zu Solothurn und Baselland auf. Möglich ist auch, dass der Aargauer Jura als Vernetzungsachse zwischen dem Solothurner Jura und dem Schwarzwald genutzt wird.

Luchse leben einzelgängerisch in Revieren. In der Schweiz beträgt die Grösse mittlerer Wohngebiete von Weib­chen 90 km² und von Männchen 150 km². Nach dem Verlassen der Mutter suchen sich die Jungtiere ein eigenes Revier. Nur wenn es ihm gelingt, ein freies Revier zu besetzen, kann ein junger Luchs sich langfristig etablieren. Drei von vier Luchsen sterben in den ersten zwei Lebensjahren, da sie in dieser Zeit vielen Gefahren ausgesetzt sind.

Wie viele Luchse leben in der Schweiz?

Nach einer Schätzung lebten im Jahr 2015 in der Schweiz etwa 192 unabhängige Luchse, davon 58 im Jura und 134 in den Alpen.

Wovon ernähren sich die Luchse in der Schweiz?

In der Schweiz sind 88 % der Beutetiere Rehe und Gämsen. An dritter Stelle folgt der Fuchs mit einem Anteil von lediglich 4,3 %. Übergriffe auf Haustiere wie Scha­fe oder Ziegen erfolgen lokal und zeitlich beschränkt, wenn der Rehbestand tief ist. Ein Luchs braucht pro Woche ungefähr ein Reh oder eine Gäm­se.

Können Luchse für Menschen gefährlich werden?

Nein, Luchse sind für Menschen keine Gefahr.

Kommt es oft zu Begegnungen von Menschen mit dem Luchs?

Gelegentlich, aber der Mensch bemerkt den Luchs nur extrem selten. Umgekehrt wohl sehr viel öfters. Luchse gelten im Allgemeinen als sehr scheu, sind aber eigentlich nur «unsichtbar». Denn ein Luchs bleibt bei Annäherung oft lange ruhig sitzen, auf seine Tarnung vertrauend, und flüchtet nur selten.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man einem Luchs begegnet?

Dieser Augenblick darf ruhig genossen werden, da dies sehr selten vorkommt und keine Gefahr für uns Menschen besteht. Dennoch sollte man nicht auf den Luchs zugehen, sondern ruhig stehen bleiben. Machen Sie wenn möglich Fotos von Ihrer Beobachtung und schicken Sie diese an Kora (Raubtier­ökologie und Wildtiermanagement).

Wie und wo kann man Luchse beobachten?

Auch mit viel Zeit und Geduld ist eine Begegnung nicht garantiert. Die meisten Beobachtungen geschehen zufällig – dazu gibt es kein Rezept. Da Luchse nachtaktiv sind, bestehen die besten Chancen nachts und in der Morgen- und Abenddämmerung. Während der Paarungszeit von März bis Mitte April sind Luchse öfter auch tagsüber aktiv. Mit Fernglas ist man sicher gut be­dient.


Quelle: Kora (www.kora.ch) / Merkblatt über Luchse des WWF Schweiz

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