Naturnahe Wasserlebensräume sind unsere Lebensadern

Gewässerinitiative bringt mehr lebendige Feuchtgebiete für den Aargau

Seit jeher ist der Kanton Aargau als Wasserschloss der Schweiz bekannt. Flüsse, Bäche, Auen sowie Feuchtgebiete insgesamt prägen das Aargauer Landschaftsbild und bieten zahlreichen Arten Lebensraum. Leider steht es um diese Habitate schweizweit nicht gut. Gemäss Roter Liste der gefährdeten Lebensräume der Schweiz sind von den identifizierten 167 Typen heute bereits 48 Prozent gefährdet. Davon betroffen sind zu 85 Prozent Feuchtgebiete, Uferzonen sowie Fliessgewässer. Der WWF Aargau hat deshalb gemeinsam mit den kantonalen Organisationen Pro Na­tura, BirdLife, dem Fischereiverband und dem Landschaftsschutzverband Hall­wilersee entschieden, die Gewässer­initiative zu lancieren.

Aargauer lieben Gewässer

Dass Gewässer nicht nur die Landschaft prägen, sondern auch der Aargauer Bevölkerung am Herzen liegen, zeigte 1993 die Abstimmung zum kantonalen Auenschutzpark. Grossartige 68 Prozent der Stimmen sprachen sich für eine Förderung dieser wertvollen Lebensräume aus – ein wichtiger Schritt. Der anhaltende Rückgang der Wasserorganismen zeigt allerdings auch, dass noch grosser Handlungsbedarf besteht. Von den 20 Amphibienarten der Schweiz stehen beispielsweise 14 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Bei den rund 70 Fischarten sind es ebenfalls etwa zwei Drittel.

Die Gründe sind vielfältig und in der Regel menschgemacht. Ab Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden im grossen Stil landwirtschaftliche Meliorationen durchgeführt und Feuchtgebiete mittels Drai­-
nagen entwässert. Viele dieser Systeme sind heute veraltet und müssen erneuert werden. Wie sinnvoll es ist, alle Drainagen zu erneuern, sollte heute in Frage gestellt werden. Denn Feuchtgebiete verbessern den Wasserrückhalt nachhaltig, dämpfen die Abflussspitzen bei Starkniederschlägen und speisen Fliessgewässer über eine längere Zeit mit Frischwasser. Letztendlich tragen Feucht­gebiete und Moore zu einem besseren Klimaschutz bei.

900 Kilometer eingedolt

Ähnlich sieht es bei den Fliessgewässern aus. Rund die Hälfte der 2900 Kilometer der Aargauer Flüsse und Bäche sind in einem ökomorphologisch schlechten Zustand. Davon sind 900 Kilo­meter sogar eingedolt. Doch dem nicht genug: Rund 3500 künstliche Querbauwerke über 50 cm verhindern die freie Fischwanderung. Auf nationaler Ebene wurde allerdings auch hier bereits der erste Schritt gemacht. Auf Grund des Gegenvorschlags zur Initiative «Lebendiges Wasser» des Schweizerischen Fischereiverbands (SFV) wurde 2011 das Gewässerschutzgesetz (GSchG) revidiert. Im Verlauf der darauffolgenden 80 Jahren sollen schweizweit 4000 Kilometer Fliessgewässer revitalisiert werden. Im Kanton Aargau sollen bis 2035 rund 50 Kilometer aufgewertet werden. Dies entspricht drei Prozent der in den letzten 135 Jahren trockengelegten Gewässer- und Feuchtflächen. Bundesweit stehen wir heute erst bei rund 150 Kilometer revitalisierten Fliessgewässern. Auch in diesem Bereich benötigt es also noch viel Arbeit sowie genügend finanzielle und personelle Ressourcen.

Nicht zuletzt haben gerade die heis­sen Sommer der letzten Jahre gezeigt, dass kühlende Feuchtgebiete, Flüsse und Bäche ein Hotspot der Naherholung sind. Wer hat sich selber nicht schon eine Abkühlung in erfrischenden Gewässern gegönnt?

 

Die Geburtshelferkröte benötigt unsere Unterstützung

Die Gewässerinitiative zielt insbesondere auf die Förderung jener Lebensräume ab, wo sich die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans obstetricans) typischerweise aufhält. Der bedenkliche Rückgang dieser Art kann mitunter auf die Zerstörung deren Lebensraum zurückgeführt werden. Die Kröte pflanzt sich in allen möglichen Gewässern fort. Besonders beliebt sind Tümpel, Rinnsale, Auengewässer und eher langsam strömende Stellen in Fliessgewässern. Allerdings legt sie ihre Eier, anders als die meisten anderen Kröten, nicht im Wasser ab. Da die Geburtshelferkröte aber trotzdem, wie alle Amphibien, im Verlauf ihres Lebens sowohl auf Land- wie auch Wasserlebensräume angewiesen ist, bedeuten gut vernetzte Habitate bessere Überlebens­wahr­schein­lich­kei­ten. Ursprünglich war sie eine typische Vertreterin von Auengebieten.

Die Geburtshelferkröte ist allerdings nur eine der vielen Arten, welche auf funktionierende Gewässerökosysteme angewiesen ist und von den Massnahmen resultierend aus der Gewässerinitiative profitieren würde. Wenn auch sie mithelfen wollen, diesen Arten positivere Zukunftsaussichten zu bieten, finden sie in diesem Heft den Unterschriftenbogen zur Gewässerinitiative.

Thomas Ammann,
Geschäftsleiter WWF Aargau

.hausformat | Webdesign, TYPO3, 3D Animation, Video, Game, Print