Führung «Lebensräume dank Kiesabbau»

Unter der Leitung von Sebastian Abt vom Fachverband Schweizerische Kies- und Beton­industrie (FSKB) besichtigten elf Teilnehmende anfangs Juni die ver­schie­de­nen Lebensräume im Kieswerk der Orts­bürger­gemeinde Gränichen.

Der Kiesabbau begann 1898 und seit 1960 wird Kies vor Ort verarbeitet, das heisst, der Kies wird gesiebt, gewaschen und in verschiedene Komponenten eingeteilt. Der aktive Abbau befindet sich im Gebiet Zinggen. Durch das Gewinnen von Kies entsteht eine Ruderalfläche, ein seltener Lebensraum. Zu den Pionierpflanzen zählen Rosmarin-Weidenröschen und Huflattich. Diese grossen, offenen Flächen stehen anderseits unter grossem Neophytendruck (Goldrute, Sommerflieder, Ambrosien, Riesenbärenklau), welche über Samen und Fahrzeuge in die Kiesgrube gelangen. Um die Verbreitung zu verhindern, helfen Zivilschützer und Geissen bei deren Bekämpfung.

Ist der Abbau beendet, geht es um die Umsetzung der Endgestaltungspläne. Beim Kieswerk Gränichen liegt dieser Teil im Gebiet Moortal. Die Teilnehmenden konnten einige Weiher besichtigen, die speziell auf den terrassierten Hängen angelegt wurden und oft als Lebensraum von verschiedenen Tieren wie Gelbbauchunke, Kreuzkröte, Grasfrosch und Ringelnattern entdeckt werden.

Schliesslich folgt die Rekultivierung und während vier Jahren darf der Boden nicht bewirtschaftet werden. Im Moortal wurde eine Magerwiese mit wenig Nährstoffeintrag angelegt, welche in Etappen mit Sense geschnitten oder von Schafen beweidet wird, um das Leben und die Nahrung der Insekten zu sichern. Im oberen Teil befindet sich leichtes Vorwaldgehölz, welches sich selber entwickeln darf.

Eine Kiesgrube verfügt neben dem Rohstoffabbau über ein grosses Potential für die Biodiversität: Sie bietet, wenn auch teilweise nur vorübergehend, Lebensraum für Pionierpflanzen, Wildpflanzen, Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögel. Ob ökologische Massnahmen realisiert und bestehen bleiben können, ist nicht zuletzt von einer guten Zusammenarbeit zwischen Eigentümer, Behörden und Kieswerkbetreiber abhängig. Anlässlich der Führung durch Sebastian Abt wurden diese Zusammenhänge sehr deutlich und wie aktuell das Thema Biodiversität ist, zeigte sich an den vielen Fragen und engagierten Diskussionen der Teilnehmenden.

Isabelle Panchaud
Vorstand WWF Aargau

wichtiger Ersatzlebensraum

Kiesgruben und Steinbrüche sind Industrie­areale, in welchen durch die Abbautätigkeit wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere entstehen.

Abbaustellen von mineralischen Rohstoffen werden meist als Wunde in der Landschaft angesehen und die offenen, teilweise kargen Flächen als unschön bezeichnet. Genau diese Orte bieten aber sehr seltenen Pionierarten einen Ersatzlebensraum. Während der Abbau- und Auffüllphase bringen die Maschinisten mit ihren Baumaschinen für die spezialisierten Arten wie
z. B. Kreuzkröten, Uferschwalben und das Rosmarin Weidenröschen die notwendige Dynamik. Der ursprüngliche Lebensraum dieser Arten sind Auenlandschaften, in welchen ein Fluss durch Überschwemmungen und Materialumschichtungen immer wieder offene Flächen schafft.

Jede Abbaustelle im Kanton Aargau muss je nach Abbaubewilligung unterschiedlich grosse Naturflächen während der Abbauphase zur Verfügung stellen. Diese Flächen werden mit dem fortlaufenden Abbau verschoben und immer wieder neu erstellt (sog. Wanderbiotope). Die Grösse und Ausgestaltung der Naturflächen, welche nach Abbauende erstellt werden, sind bereits in der Abbauplanung definiert. Durch Auflagen für Naturmassnahmen aus den Bewilligungen und dank den vielen freiwilligen Förderungsmassnahmen, welche die Abbauunternehmer jährlich zusätzlich umsetzen, sind Kiesgruben und Steinbrüche sehr wertvolle Naturoasen. ■

Doris Hösli
Fachverband Schweizerische Kies- und Betonindustrie (FSKB), Bern

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